Chemnitz/Revierbereich Stollberg
Chemnitzer Kripo legte zwei Kontoplünderern das Handwerk/Mit „Skimming“ hunderttausende Euro „abgesahnt“/Polizei rät Geldautomatennutzern zur Prävention
Ermittler der Chemnitzer Kriminalpolizei konnten zwei mutmaßlichen Kontoplünderern (31, 35) das Handwerk legen. Mit sogenanntem Skimming, dem Ausspähen elektronischer Daten von Zahlungskarten, war es den beiden Tatverdächtigen gelungen, seit 2009 insgesamt 13 Geldautomaten zu manipulieren und auf diese Art und Weise an hunderte von Zahlungskartendaten zu gelangen. Insgesamt über 875.000 Euro konnten sie damit von Konten abräumen
Im Zuge der intensiven Ermittlungen der Chemnitzer Kriminalisten gingen auch mehrere Betrugsfälle in den Vorjahren im Erzgebirge sowie in Bayern auf.
Die Spur zu den Tatverdächtigen
In Chemnitz gerieten die zwei gebürtigen Rumänen Ende März/Anfang April 2012 ins Visier der Kriminalisten. Die Männer hatten in einer Bank im Stadtzentrum einen Geldautomaten manipuliert (siehe Medieninformation Nr. 206 vom 16. April 2012). Kurz darauf wurde mit den ausgespähten Kontodaten von den USA aus Geld von Kundenkonten abgehoben. In diesem Fall erleichterten Hintermänner in Las Vegas 37 Chemnitzer insgesamt um über 67.000 Euro.
Bei der Manipulation des Chemnitzer Automaten Ende März/Anfang April wurden die beiden Männer von einer Überwachungskamera gefilmt. Mit diesen Fahndungsaufnahmen gingen die Ermittler an die Öffentlichkeit. Allerdings gab es aufgrund der Veröffentlichung der Fahndungsfotos keinen Hinweis zur Identität der Täter.
Auf eine andere Spur kamen die Kriminalisten durch ihre schnelle, zielgenaue Arbeit. Sie werteten sogenannte Verkehrsdaten aus und filterten dabei eine wiederkehrende Mobilfunknummer heraus. Von dieser Nummer aus wurde u.a. ein Pannendienst angerufen. Dieser hatte einen in Rumänien zugelassenen VW Golf in eine Chemnitzer Werkstatt zur Reparatur gebracht. Das war quasi eine Sternstunde in der Arbeit der Ermittler, denn erstmals hatten sie anhand der Zulassungsdaten die Personalie eines möglichen Tatverdächtigen in der Hand.
In Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt sowie rumänischen Behörden ließ man die Personalien des auf der Zulassung eingetragenen Mannes prüfen. Anfang Juni lag dann bei den Chemnitzer Ermittlern die Bestätigung der Personalien des 35-jährigen Golf-Besitzers zusammen mit einem Lichtbild von ihm auf dem Tisch. Der Mann auf dem Lichtbild und jener auf den Überwachungsfotos waren ein und dieselbe Person.
Die Festnahme
Aufgrund des dringenden Tatverdachts wurden der 35-Jährige und der VW Golf zur Fahndung ausgeschrieben. Nun mussten sich die Ermittler gedulden, jedoch nicht lange. Am 12. Juni 2012 hatte eine bayerische Polizeistreife das Auto auf der A 3 festgestellt und gestoppt. Im Fahrzeug saßen der 35-jährige mutmaßliche Datenausspäher und ein vier Jahre jüngerer Landsmann. Per Foto konnte schnell geklärt werden, dass es sich bei Letzterem um den Komplizen in der Chemnitzer Bankfiliale handelte. Beide Männer wurden festgenommen und dem Haftrichter vorgeführt. Sie sitzen seitdem in Justizvollzugsanstalten.
Im Auto fanden die Beamten zahlreiches Beweismaterial (Karten, Bekleidung). Wie sich später in den Vernehmungen herausstellte, waren die beiden an jenem Tag auf dem Weg nach Würzburg, um neue Manipulationen vorzubereiten.
Die Staatsanwaltschaft Chemnitz hat gegen die beiden Tatverdächtigen Anklage erhoben.
Alte Fälle neu aufgerollt
In den Wochen nach der Festnahme legten die Chemnitzer Ermittler die Hände nicht in den Schoß. Beim Informationsaustausch mit bayerischen Kollegen kam heraus, dass der 35-jährige Haupttatverdächtige sowohl für eine gleichartige Tat im Jahre 2009 in Landshut in Frage kommt als auch für weitere fünf Fälle im Jahre 2010 im Bereich der Stadt Würzburg (Karlstadt, Thüngersheim, Lohr-Sendelbach, Kitzingen). Hier wurden insgesamt über 208.000 Euro von Bankkunden abgeräumt. Diese Fälle holten sich die Chemnitzer Ermittler noch auf ihren Tisch.
Außerdem lasten sie beiden Männern eine Skimming-Tat im Mai 2012 im Bereich Regensburg mit einem Schaden von über 22.000 Euro an. Aufnahmen einer Überwachungskamera zeigen sie bei der „Arbeit“ am Geldautomaten. Hier tragen die Männer Kleidung, die man bei der Festnahme der beiden im Auto fand.
Der Täter kehrt an den Tatort zurück
Die Kriminalistenweisheit, dass der Täter oft an den Tatort zurückkehrt, trifft auch auf die beiden Rumänen zu. Bereits Mitte März 2010 war der 35-Jährige in derselben Chemnitzer Bank mit einem noch unbekannten Mittäter aktiv. An knapp 18.000 Euro kam man da durch Skimming. Dies war zunächst das Ende einer Serie, die im Februar jenes Jahres im Stollberger Raum begonnen hatte und zu der die Ermittler dort vier Fälle zählen. Die Ausbeute dabei: 473.381 Euro. Das Geld in diesen insgesamt fünf 2010er-Fällen hatten Mittäter von Kanada und Australien aus abgehoben.
Wie funktioniert Skimming?
Der Begriff „Skimming“ kommt aus dem Englischen und bedeutet „Abschöpfen“ oder „Absahnen“. Er steht bei uns für eine Methode, illegal elektronische Daten von Zahlungskarten auszuspähen.
Um in den Besitz der Kartendaten und schließlich an das Geld auf dem Konto zu kommen, bauen die Täter vor dem Karteneinschubfach am Geldautomaten ein manipuliertes Kartenlesegerät. Dieses Gerät gleicht optisch dem Modell des Geldautomaten. Wird eine Bankkarte eingeschoben, wird diese durch das manipulierte Gerät zum originalen Kartenleser transportiert. So werden die Kontodaten ausgelesen und gespeichert:
Um an die PIN zu kommen, wird das Eintippen der Nummer mit einer am Automaten oder in der Nähe installierten Kamera aufgezeichnet. Auch das Aufsetzen einer täuschend echt wirkenden Tastatur-Attrappe ist möglich.
Die ausgelesenen Daten werden mit einem Rechner per Internet ins Ausland geschickt. Dort stellen Mittäter mit Rohlingen Kartendubletten her, auf deren Magnetstreifen die Kontodaten gespeichert werden. Mit der dazugehörigen PIN räumen die Täter dann das Geld von den Konten ab. Zwischen Ausspähen der Daten und Geldabheben liegt oftmals ein Zeitfenster von nur einem Tag. Da die Originalkarte nach wie vor beim Kontoinhaber ist, bemerkt dieser Abhebungen erst später beim Blick auf seine Kontoauszüge oder wenn er von der Bank informiert wird.
Wie kann man sich schützen?
- Bewahren Sie Karte und PIN stets getrennt auf.
- Achten Sie darauf, dass Sie bei der Eingabe der PIN nicht beobachtet werden.
- Decken Sie die Eingabe der PIN mit einer Hand oder einem Gegenstand (Portmonee) ab. - Benutzen Sie keinen Geldautomaten, an dem Ihnen etwas verdächtig
vorkommt. Rufen Sie in diesem Fall die Polizei.
- Überprüfen Sie regelmäßig und in kurzen Abständen Ihre Kontoauszüge.
- Beim Verdacht, dass Ihre Kartendaten ausgespäht wurden, lassen Sie Ihre Karte sperren und erstatten Sie Anzeige bei der Polizei.
Statistik
Die PD Chemnitz-Erzgebirge registrierte in ihrem Zuständigkeitsbereich im Jahre 2011 fünf Skimming-Fälle. Im Jahre 2010 waren es zehn.
Jeden zweiten Fall konnten die Ermittler aufklären (Aufklärungsquote: ca. 53 Prozent).
Quelle: PD Chemnitz- Erzgebirge
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