Karlsruhe (ots)
- Der Generalbundesanwalt hat das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der
Ausspähung eines von der Bundeskanzlerin genutzten Mobiltelefons durch
US-amerikanische Nachrichtendienste gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil
sich der Vorwurf mit den Mitteln des Strafprozessrechts nicht gerichtsfest
beweisen lässt.
1. Ausgangspunkt für die Ermittlungen war ein
im Oktober 2013
erstmals in den Medien veröffentlichtes Dokument, das in
der Öffentlichkeit als Beleg für ein tatsächliches Abhören des Mobiltelefons
der Bundeskanzlerin angesehen wurde. Bei diesem Dokument handelt es sich nicht
um einen authentischen Abhörauftrag der National Security Agency (NSA) oder
eines anderen US-amerikanischen Nachrichtendienstes. Es soll sich vielmehr um
eine Abschrift eines in Augenschein genommenen Dokuments der NSA handeln.
Das Dokument im Original zu beschaffen, ist nicht
gelungen. Auch die Abschrift oder jedenfalls weitere Einzelheiten hierzu stehen
für weitere Ermittlungen nicht zur Verfügung. Auf dieser Grundlage ist eine den
Anforderungen der Strafprozessordnung genügende Bewertung des Dokuments sowie
der Herkunft der in ihm enthaltenen Daten nicht möglich.
Auch der Inhalt
des Dokuments beweist nicht, dass das Mobiltelefon der Bundeskanzlerin
möglicherweise seit dem Jahr 2002 abgehört worden ist. Festzustellen war, dass
die darin aufgeführte Telefonnummer einem von der Bundeskanzlerin genutzten
Mobiltelefon zuzuordnen ist.
Ansonsten lassen die Angaben auf dem Dokument
verschiedene Interpretationen zu. Keine von ihnen lässt sich mit dem Beginn der
ersten Amtszeit der Bundeskanzlerin am 22. November 2005 sowie mit der als
Anschlussinhaberin des Mobiltelefons ermittelten CDU-Bundesgeschäftsstelle in
Einklang bringen. Dass es sich bei den in dem Dokument genannten Daten um die
technischen Zielparameter für die Überwachung des von der Bundeskanzlerin
genutzten Mobiltelefons handelt, muss daher eine Vermutung bleiben.
2. Auch die in den Medien bisher
veröffentlichten Dokumente, die
von Edward Snowden stammen, enthalten keinen
gerichtsfesten Nachweis für eine Überwachung des von der Bundeskanzlerin
genutzten Mobiltelefons. Der Name der Bundeskanzlerin scheint einem Dokument
aus diesem Fundus zufolge zwar mit Hilfe eines Namen-Erkennungs-Programms
namens "Nymrod" häufiger als 300 Mal festgestellt worden zu sein. Aus
welchem Datenbestand die Treffer stammen, ist diesem oder anderen Dokumenten
aus dem Fundus allerdings nicht zu entnehmen. Ein Beweis, dass die
festgestellten Treffer auf einer Überwachung des von der Bundeskanzlerin
genutzten Mobiltelefons beruhen, lässt sich damit nicht führen. Eine Recherche
des Namens der Bundeskanzlerin in allgemein zugänglichen Quellen wäre
strafrechtlich ohne Bedeutung.
3. Nach den eingeholten technischen
Stellungnahmen des
Bundesnachrichtendienstes (BND), der Bundespolizei
(BPol), des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) sowie des Bundesamtes für
Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sind zahlreiche Möglichkeiten
denkbar, wie auf mobile Kommunikation zugegriffen werden kann. Keines der in
Betracht kommenden "Angriffsszenarien"
lässt sich im Falle des von der Bundeskanzlerin genutzten
Mobiltelefons nachweisen oder ausschließen. Eine Präzisierung des Tatverdachts
nach Tatzeit, Tatort und Tatumständen sowie den handelnden Personen - wie es
die Strafprozessordnung fordert - ist daher auf diesem Weg nicht möglich.
4. Weitere Bewei serhebungen versprechen keinen Erfolg. Es
bestehen keine weiteren Ermittlungsansätze, mit Hilfe
derer sich der Verdacht der Ausspähung des von der Bundeskanzlerin genutzten
Mobiltelefons nach Tatzeit, Tatort und Tatumständen weiter konkretisieren
ließe. Den mit der Veröffentlichung der sogenannten Snowden-Dokumente befassten
Journalisten steht ein umfassendes
Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrecht zu. Die bisher
bekannten Äußerungen von Edward Snowden geben ebenso wie der Inhalt der ihm
zuzuordnenden veröffentlichten Dokumente keine Hinweise darauf, dass er über
eigene Wahrnehmungen oder Kenntnisse zu dem Verdacht der Ausspähung des von der
Bundeskanzlerin genutzten Mobiltelefons verfügt. Die vagen Äußerungen von
Verantwortlichen der Vereinigten Staaten von Amerika zu einer etwaigen
Überwachung der mobilen Telekommunikation der Bundeskanzlerin durch einen
US-amerikanischen Nachrichtendienst ("not any more") reichen für eine
Beschreibung des Tatgeschehens nicht aus. Die Bemerkungen, die in der
Öffentlichkeit als allgemeines Schuldeingeständnis aufgefasst wurden, entbinden
nicht von einer den Vorgaben der Strafprozessordnung genügenden Beweisführung.
Sollten sich neue erfolgsversprechende Ermittlungsansätze ergeben, werden die
Ermittlungen wieder aufgenommen.
5. Die mögliche massenhafte Erhebung von
Telekommunikationsdaten
der Bevölkerung in Deutschland durch britische und
US-amerikanische Nachrichtendienste bleibt weiter unter Beobachtung. Die
Prüfung, ob sich aus den Ergebnissen der bisherigen und der noch laufenden
Abklärungen Hinweise auf eine konkret verfolgbare Straftat ergeben, ist noch
nicht abgeschlossen.
Quelle: GBA
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