Dienstag, 21. April 2015

BKA: Synthetische Drogen auf dem Vormarsch - Drogenbeauftragte der Bundesregierung und BKA-Präsident stellen die Rauschgiftlage und die Zahlen der Drogentoten 2014 vor


   Wiesbaden (ots) - Die Zahl der polizeilich erfassten Fälle von Rauschgiftkriminalität ist im Jahr 2014 im Vergleich zum Vorjahr um fast zehn Prozent gestiegen und hat mit 276.734 Fällen wieder das Niveau des Jahres 2005 erreicht.

   Die Anzahl der Erstauffälligen Konsumenten harter Drogen (EKhD) nahm um rund fünf Prozent (20.120 Konsumenten), die der Tatverdächtigen um knapp zehn Prozent (228.110 Tatverdächtige) zu.

   Ebenso stieg die Zahl der Drogentoten um drei Prozent auf 1.032 Personen leicht an. Während die Anzahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Konsum von Heroin, Kokain und Crack seit Jahren zurückgeht, steigt die Anzahl der Todesfälle nach dem Konsum von Amphetaminen und Metamphetaminen. Auffällig ist die um das Fünffache gestiegene Anzahl der Todesfälle nach dem Konsum Neuer Psychoaktiver Stoffe (NPS), so genannter "Legal Highs".

   Marlene Mortler, Drogenbeauftragte der Bundesregierung: "Der zuletzt leichte Anstieg der Drogentodeszahlen trübt den Blick auf die langfristig positive Entwicklung. Denn die Anzahl der Drogentoten hat sich seit 2000 halbiert. Das ist ein Erfolg der Drogen- und Suchtpolitik der Bundesregierung. Dennoch ist jeder Todesfall ein Todesfall zu viel. Ich habe in diesem Jahr verschiedene Initiativen auf den Weg gebracht. Wir haben nunmehr zusätzliche finanzielle Mittel für die Prävention im Bereich 'Crystal Meth' zur Verfügung und wir erarbeiten neue gesetzliche Regelungen, um den Handel mit Neuen Psychoaktiven Substanzen besser zu unterbinden. Außerdem sollen die Bedingungen der Substitutionsbehandlung für Ärzte verbessert werden.
Denn eine gelungene Substitution ist der beste Schutz vor einem Drogentod bei einer Opiatabhängigkeit."

   Der Anstieg der Todesfälle zeigt, dass die Bundesregierung in ihren Aktivitäten gegen Drogen und Sucht nicht nachlassen darf. Um die Gründe für den Anstieg herauszufinden, werden aktuelle Trends analysiert. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Gründe vielschichtig sind. Dies gilt auch für die regionalen Unterschiede.
Auffällig ist neben dem Anstieg der Todesfälle durch Crystal Meth und NPS der Anstieg der Suizide von Drogenabhängigen. Hinzu kommen Todesfälle durch Langzeitschäden des Drogenkonsums, etwa auf Grund einer Leberschädigung durch eine Hepatitis-Infektion; letztere liegt oft über 30 Jahre zurück und führt erst viele Jahre später zum Tod.

   In enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Landesbehörden erzielte das BKA im Jahr 2014 besondere Ermittlungserfolge: Im September 2014 konnten 330 Kilogramm Heroin mit einem geschätzten Straßenhandelspreis von mehr als 50 Millionen Euro sichergestellt werden. Anfang November 2014 beschlagnahmten Ermittler des BKA 2,9 Tonnen Chlorephedrin, geeignet zur Herstellung von rund 2,3 Tonnen Crystal mit einem geschätzten Straßenverkaufswert von 184 Millionen Euro.

   "Die großen Sicherstellungsmengen dieser beiden Substanzen sind einmalig in Deutschland", sagt BKA-Präsident Holger Münch. "Die Sicherstellungen verdeutlichen die wichtige Rolle Deutschlands als Transitland und als Absatzmarkt für Rauschgift. Der Drogenhandel gehört nach wie vor zum Kerngeschäft Organisierter Kriminalität".

   Trotz des weiterhin hohen Zufuhrdrucks von Heroin und Kokain aus dem Ausland ist eine sukzessive Veränderung des Rauchgiftmarktes
festzustellen: Die Zahlen der EKhD von Heroin und Crack, etwas schwächer ausgeprägt auch von Kokain, gehen seit zehn Jahren zurück.
Während im Jahr 2004 noch 5.324 EKhD von Heroin registriert wurden, waren es im vergangenen Jahr 1.648. Heroin spielt heute in Europa eine geringere Rolle als noch vor zehn Jahren, wohingegen Stimulanzien, synthetische Drogen, Cannabis und Arzneimittel immer mehr an Bedeutung gewinnen.

   "Synthetische Drogen werden bei Rauschgift-Konsumenten immer beliebter. Die Verfügbarkeit von Amphetaminen und Metamphetaminen ist ungebrochen hoch", sagt BKA-Präsident Holger Münch. Die in Deutschland am häufigsten festgestellte synthetische Droge bleibt Amphetamin. Ecstasy weist nach Jahren rückgängiger Fall- und Sicherstellungszahlen wieder deutlich steigende Tendenzen auf.
Mitverantwortlich hierfür ist die große Zahl der illegalen
Amphetamin- und Ecstasylaboratorien mit ihren hohen Produktionskapazitäten in den Niederlanden und in Belgien. Darüber hinaus gewinnt auch die Droge Crystal weiter an Bedeutung. Die hohe Verfügbarkeit aufgrund zunehmender Produktionskapazitäten überwiegend in der Tschechischen Republik führt zur weiteren Ausbreitung von Crystal in Deutschland.

   Holger Münch erklärt: "So genannte "Legal Highs" etablieren sich mehr und mehr in der Rauschgiftszene."

   In Deutschland sind mittlerweile über 1.500 verschiedene Produkte mit rund 160 unterschiedlichen NPS festgestellt worden. Allein im vergangenen Jahr wurden 58 neue Wirkstoffe erstmals auf dem deutschen Markt festgestellt. Problematisch ist, dass der Handel mit neuen Stoffen nicht unmittelbar unter Strafe gestellt ist, dies erfolgt erst durch die zeitaufwendige Aufnahme jedes einzelnen Stoffes in die Anlagen zum Betäubungsmittelgesetz. "Ich spreche mich klar für eine andere Verfahrensweise aus. Es müssen ganze Stoffgruppen unter Strafe gestellt werden", betont Holger Münch.

   Auf dem europäischen Markt ist Cannabis das am häufigsten sichergestellte Betäubungsmittel. Dies bestätigt sich 2014 auch in Deutschland. Bei knapp der Hälfte aller Sicherstellungsfälle (63.519) wurde Marihuana beschlagnahmt. Dass Marihuana bei den Konsumenten beliebter ist als Haschisch dürfte auch auf den seit zehn Jahren zu beobachtenden Zuwachs von Indoorplantagen in Deutschland zurückzuführen sein.

   Eine zusätzliche Herausforderung für die Strafverfolgung ist der Handel und Vertrieb von Drogen über das Internet. Hersteller, Lieferanten, Einzelhändler, Website-Hoster und Zahlungsabwicklungsdienste sind häufig in verschiedenen Ländern ansässig. Die Kontrolle und Eingriffsmöglichkeiten werden dadurch sowie durch die zunehmende Nutzung von Anonymisierungsdiensten erheblich erschwert.

   Ergänzende Zahlen und Informationen zur Rauschgiftlage können über die Homepage des BKA unter www.bka.de und auf der Internetseite der Drogenbeauftragten der Bundesregierung unter www.drogenbeauftragte.de abgerufen werden.


Quelle: BKA

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