Nicht nur zum Abschluss der Sommerolympiade in London
wurde eine Pyramide errichtet. Bereits 1933, vor knapp 80 Jahren wurde im
erzgebirgischen Frohnau - weithin bekannt durch seinen Frohnauer Hammer - die
erste Freiland-Weihnachtspyramide der Welt errichtet. Nachdem seit dem 19.
Jahrhundert die erzgebirgischen Stuben von zahlreichen
Pyramiden geschmückt wurden und 1923 in Seiffen die erste Serie gewerblich
gefertigter Pyramiden produziert wurde, entwickelte der Frohnauer Zimmermann
Traugott Pollmer, Mitglied im örtlichen Schnitzverein, 1926 die Idee, eine
„Pyramide für alle“ zu schaffen. Den Anstoß dafür gab die Aufstellung des
ersten elektrisch beleuchteten Weihnachtsbaumes 1926 auf dem Marktplatz in
Annaberg. Er war der „Christbaum für alle“.
Die erste Freiland-Weihnachtspyramide sollte elektrisch
angetrieben und beleuchtet werden. Maßgeblich an der Realisierung des Projekts
beteiligt waren die Werkstatt Oskar Weber in der Sehmatalstraße 10, die Elektrofirma
Schubert sowie Mitglieder des Frohnauer Schnitzvereins, die dazu die Figuren
fertigten.
Nach fast zwei Jahren gemeinsamer Arbeit wurde die erste
Freiland-Weihnachtspyramide der Welt am 17. Dezember 1933 vor dem Frohnauer
Gemeindeamt feierlich ihrer Bestimmung übergeben. Die vierstöckige Pyramide war
mit gotischen Bögen und Säulen gestaltet und zeigte die Christgeburt,
Bergleute, Engel sowie Szenen aus der Tierwelt. Traugott Pollmer erlebte die
Weihe selbst nicht mehr. Zwei Jahre lang schmückte die Pyramide das Ortsbild.
Danach kam es zu politischen Differenzen. Die Christgeburt erschien einem
nationalsozialistisch gesinnten Mitglied des Schnitzvereins nicht mehr
zeitgemäß. Daraufhin nahmen all jene, die die Freilandpyramide geschaffen
hatten, ihre Teile mit nach Hause. Ab 1935 wurde sie nie wieder aufgestellt.
Heute sind alle Teile verschollen. Allerdings existieren noch historische
Fotos.
Nun, knapp 80 Jahre nach der ersten Aufstellung haben
Holzbildhauer Dietmar Lang, Mitglieder des Schnitzvereins „Paul Schneider“,
städtische Firmen und die Stadt Annaberg-Buchholz die Initiative ergriffen, um
die erste Freiland-Weihnachtspyramide der Welt im Maßstab 1 : 2 wieder
entstehen zu lassen. Im Mai 2012 begann eine Arbeitsgruppe von Handwerkern,
Schnitzern und Mitarbeitern der Stadt mit der Realisierung. Anhand alter Fotos
wurden Baupläne gezeichnet und Materialeinkäufe getätigt. Den äußeren Rahmen
der Pyramide fertigte Wolfram Richter vom städtischen Betriebshof. Außerdem
wirkten die Drechslerei Breitfeld und die Firma Schlosserei und Werkzeugbau
Christoph Schiefer mit. Das VW-Autohaus Seifert kümmerte sich um die
Farbgebung, die Firma Elektrobau Annaberg GmbH um den Antrieb. Die
Pyramidenfiguren wurden von Mitglieder des Schnitzvereins „Paul Schneider“ geschnitzt.
Am 9. September 2012 wird der originalgetreue Nachbau zum Tag der Sachsen in
Freiberg auf einem Festwagen präsentiert.
Danach soll die Pyramide im Stadtgebiet an würdiger Stelle ihren Platz
finden.
Beteiligte Firmen und Personen:
Große Kreisstadt Annaberg-Buchholz
Langs Erzgebirgshaus, Ortsteil Frohnau
Planungsbüro IfBB Annaberg, Frau Münch, Frau Kunze
Drechslerei Jens Breitfeld, Annaberg-Buchholz Elektrobau Annaberg GmbH
Schlosserei und Werkzeugbau Christoph Schiefer, Annaberg-Buchholz, OT Frohnau
Schnitzverein Paul Schneider Annaberg-Buchholz / Frohnau Stadtwerke
Annaberg-Buchholz VW Autohaus Seifert Annaberg-Buchholz Glasbläsermeister
Frieder Schulz, Niederdorf
Hintergrund:
Das Erzgebirge ist nicht nur durch den Bergbau, sondern
auch durch seine Volkskunst bekannt geworden. Zur ursprünglich bergmännischen
Volkskunst des Schnitzen und Basteln kamen vor allem ab dem 19. Jahrhundert
noch das Drechseln und die Holzspielzeugherstellung hinzu. Diese Traditionen
wurden von Generation zu Generation weitergegeben, durch neue Motive und
Techniken bereichert und auf diese Weise erhalten und ergänzt.
Eine vorrangige Stellung nahm die Herstellung und das
Aufstellen von Weihnachtspyramiden ein. Gegenwärtig werden in erzgebirgischen
Handwerksbetrieben, aber auch von Volkskünstlern Tausende dieser
stimmungsvollen Schmuckstücke gefertigt und in alle Welt versandt. Von der
kleinen Minipyramide bis zu imposanten großen Zimmerpyramide gibt es eine
gewaltige Vielfalt an Formen und Konstruktionen.
Seit 1933 gibt es auch erzgebirgische
Weihnachtspyramiden, die im Freien aufgestellt werden. Sie bezeichnet man als
Freilandpyramiden, Orts- oder Marktpyramiden oder sehr zutreffend als „Pyramide
für alle“. Frohnau bei Annaberg-Buchholz war weltweit die erste Kommune, in der
eine solche Pyramide den Ort schmückte.
Inzwischen gibt es nach Schätzung von Fachleuten über 400
solcher Freiland-Weihnachtspyramiden in vielen Städten und Dörfern des
Erzgebirges, auch an Privathäusern und in Betrieben. Auch in der Schweiz, in
Frankreich, den USA, Brasilien und Japan wurden inzwischen solche Pyramiden,
die ihre Wurzeln im Erzgebirge haben, aufgestellt.
Quelle: Stadt Annaberg Buchholz
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